Keine andere arabische Stadt hat ihr mittelalterliches Gesicht so vollständig erhalten wie Fès. Fès ist nach wie vor geistiges und kulturelles Zentrum Marokkos. Die Medina (Altstadt) steht vollkommen unter Denkmalschutz und es werden große Anstrengungen unternommen, alle Bauten zu erhalten.
Damit verbunden ist auch der Erhalt des traditionellen Handwerks, heute noch werden viele Arbeiten im traditionellen Stil erledigt. Während eines Streifzuges durch die Medina kann man daher noch Handwerkern bei der Arbeit zuschauen. Bedingt durch die engen Gassen ist der Autoverkehr ausgesperrt und Maultier und Esel sind wie seit Jahrhunderten einziges Transportmittel.
Ich möchte Sie auf diesen Seiten mit meiner zweiten Heimatstadt bekanntmachen und Sie einladen, in diese einmalige Welt einzutauchen. Wie lebt es sich als Neumarokkaner mit europäischem Migrationshintergrund in Marokko?
Die meisten Artikel habe ich mit (marokkanisch - arabischer) Musik hinterlegt. Die Stücke sind über den Player im Artikel ein- und ausschaltbar.
In einer fremden Stadt in einem fremden Land heimisch zu werden, erfordert ein hohes Maß an Toleranz, Anpassungsfähigkeit und Integrationswillen.
Das Bild der Marokkaner vom Europäer ist mit vielen Vorurteilen behaftet. Wir gelten alle als reich, was wir vergleichsweise, aber eben nur vergleichsweise, auch sind. Wenn Geld investiert wird, dann sicherlich zum Zwecke der Gewinnerzielung, dass jemand ein Haus kauft, nur weil er die Stadt und das Land liebt, gilt als unvorstellbar.
Unsere Nachbarn waren anfangs sehr misstrauisch. Was würde sich für sie ändern, wenn wir dort wohnten? Einige befürchteten, dass sich ihre Mieten stark erhöhen würden, weil das Viertel ja jetzt durch die Anwesenheit von Ausländern aufgewertet wäre. (trat alhamdulilah - الحمد لله nicht ein), andere hatten Angst vor Eingriffen in ihre Lebensweise.
Mit der der Zeit konnten wir alle Befürchtungen zerstreuen, heute haben wir ein gutes, teilweise freundschaftliches Verhältnis zu unseren Nachbarn.
Wir fühlen uns wohl in dieser neuen, ungewohnten Umgebung, wir lieben es, wenn der Muadhin (besser bekannt als Muezzin, das ist aber türkisch) aus der unmittelbar neben unserem Haus gelegenen Moschee zum Gebet ruft, selbst morgens um 5h. Wir lieben die Atmosphäre der Medina und der Souks, kurzum: Wir fühlen uns hier zu Hause.
Es ist auch sehr nützlich, sich einige Kenntnisse der arabischen Sprache anzueignen. Zwar ist Französisch, das man als Grundvoraussetzung einigermaßen fließend beherrschen sollte, nach wie vor weit verbreitet und für Behördengänge ausreichend, im Umgang mit Nachbarn und Handwerkern sieht es da anders aus. Viele sprechen nur das marokkanische Arabisch, das sich erheblich vom Hocharabischen unterscheidet. So ist es wichtig, zumindest einige Brocken Arabisch zu beherrschen, es erleichtert das Leben erheblich und steigert das Ansehen. Auch erweist es sich als sehr hilfreich beim Einkaufen.
Mein spezieller Dank gilt meinem Freund Ouali Alami, der uns in vielen Situationen sehr weitergeholfen hat und uns auch heute noch zur Seite steht.
Meine ausdrückliche Bewunderung gilt all jenen „Gastarbeitern“, die sich ohne solche Hilfe in Deutschland durchschlagen mussten, sie hatten es, zumal meistens ohne Sprachkenntnisse, viel schwerer als wir.
Einige interessante Erfahrungen habe ich auf den folgenden Seiten beschrieben.
Heute Abend haben wir Gäste. Ein leckeres Gericht ist Huhn auf marokkanische Art, gut geeignet, um Gäste zu beeindrucken.
Wenn man Huhn essen will, dann muss man vorher welches kaufen, möglichst tot. Also begebe ich mich in den Lebensmittelsouk am Bab R`cif, um mich in den Besitz von 2 Hühnern sowie ein paar weiteren Zutaten zu bringen.
Von unserem Haus aus führt die Gasse steil nach unten und man betritt den Souk an dem Bab R`cif abgewandten Ende. Zunächst geht es an einigen Gemüseständen vorbei, ich kaufe Zwiebeln und einige andere Gemüse. Oliven braucht`s auch, dazu muss man an das andere Ende des Souks gehen, dort ist der Olivenhändler meines Vertrauens. Schwarze Oliven, grüne Oliven scharf eingelegt sowie 2 eingelegte Zitronen.
Jetzt muss ich zurück zum Hühnerhändler. Wir lieben es in Marokko frisch, folglich leben die Hühner noch. Ich suche mir 2 kräftige Exemplare aus und lasse sie kaltblütig ermorden.
Der Händler schnappt sich das erste Huhn, es ahnt, wie ihm geschieht und gackert kläglich. Es wird gewogen, dann wird der Kopf zurückgebogen und mit einem scharfen Messer der Hals durchschnitten. Blitzschnell wird das noch leicht zuckende Huhn kopfüber in eine große Blechdose gesteckt, hier kann es in Ruhe ausbluten. Dem zweiten Huhn ergeht es nicht besser. Währenddessen wird in einem Bottich Wasser erhitzt, die nun reglosen Hühner werden kurz gebrüht und anschließend gerupft.
Als es ans Ausnehmen geht, hat sich schon eine Schar hungriger Katzen um den Stand versammelt und hofft, nicht zu Unrecht, auf ein paar Abfälle. Die Innereien werden geputzt, die nackten Hühner unter fließendem Wasser gründlich gewaschen und alles in eine Plastiktüte gepackt. Ich zahle und verlasse zufrieden mit zwei noch handwarmen Hühnern den Souk, nicht ohne noch ein paar Fladenbrote mitzunehmen.
Zwiebeln, Knoblauch und Korianderkraut fein hacken. Olivenöl in eine große Schüssel geben, die Zwiebel und das Kraut sowie Gewürze hinzufügen und gut durchmischen. Die frische Zitrone auspressen und 2 Esslöffel Saft ebenfalls hinzufügen.
Das Huhn in der Mischung wälzen und innen und außen gut damit einreiben. Huhn und Gewürzmischung in einen großen Topf füllen, ein Glas Wasser hinzufügen und ca. 45min. bei mittlerer Hitze kochen lassen. Das Huhn mehrmals wenden und, falls nötig, etwas Wasser hinzufügen.
Das Huhn in eine ofenfeste Form geben und bei 180° Umluft ca. 30min. braten. Währenddessen die Oliven in die Gewürzmischung geben und aufkochen. Die Sauce reduzieren. Die eingelegte Zitrone aufschneiden und das Fruchtfleisch entfernen. Die Schale in feine Streifen schneiden.
Das Huhn aus dem Ofen holen, auf einer Platte anrichten, mit der Sauce bedecken und mit den Zitronenstreifen garnieren. Mit Fladenbrot servieren.
Für die Restaurierung des Dar Mabrouka benötigten wir große Mengen Ziegel. Wir machten uns also gemeinsam mit meinem Freund Ouali auf zu den Ziegelbrennern. Die Ziegeleien liegen außerhalb von Fès in einem Tal, in dem auch der Lehm für die Ziegel abgebaut wird. Entsprechend ist es dort, wie schon der Weg dorthin, etwas staubig. Der Weg führte über Pisten durch Felder. Wir stellten das Auto oberhalb des Tales ab und begaben uns zu Fuß zu den Brennereien.
Dann wurde über den Preis verhandelt. Man wurde sich einig (wir kauften 1000 Ziegel)und Ouali telefonierte nach einem Pickup. Die Ziegel wurden gezählt und verladen. Mit Mühe quälte sich der Pickup die steile Piste hinauf.
Am Bab Jedid angekommen, wurden die Ziegel abgeladen, die Esel waren bereits auf dem Weg, um die Ziegel zu unserem Haus zu transportieren.
Wir konnten es kaum fassen: schon nach 1½ Jahr Bauzeit, was für marokkanische Verhältnisse und den Umfang der Arbeiten enorm schnell war, konnten wir das Ergebnis aller Mühen und Kosten begutachten, und siehe, es war gut gelungen. Die Restaurierung des Dar Mabrouka war abgeschlossen.
Wir schrieben mittlerweile April 2010, die Arbeiten gingen ihrem Ende entgegen. Wir kehrten im Juni 2010 nach Fès zurück, um das Festival de la musique sacrée du monde zu besuchen. Wir zogen erstmals beide in unser Haus und begannen mit der Einrichtung. Das Haus war fertig bis auf die Säulen, da fehlten noch die kleinen Kacheln.
Im Juli waren auch die letzten Arbeiten getan und wir konnten sagen: endlich fertig.
Es gab Fortschritte: Die Terrasse war weitgehend fertig, die ersten Stuckarbeiten im Patio waren zu sehen.
Es ging jetzt Schlag auf Schlag, der neue Marmor im Patio wurde verlegt, die Stuckarbeiten fertiggestellt. Die Böden und die Badezimmer wurden fertig. Das traf sich gut, ich war im April in Fès und konnte nicht zurückfliegen, da der isländische Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull ausgebrochen war und der Flugverkehr aufgrund der Vulkanasche stillgelegt war. Ich musste am Flughafen umkehren, das Hotel, in dem ich sonst wohnte, hatte keine Zimmer mehr. Ich suchte mir eine wenig ansprechende Unterkunft in der Nähe und beschloss, am nächsten Tag das obere Zimmer in unserem Haus zu beziehen. Mein Freund Ouali lieh mir eine Matratze, ich kaufte etwas Bettwäsche und eine Decke und nächtigte auf dem Boden.