Eid el Adha – Das Opferfest

Etwas mehr als 2 Monate nach Ende des  Ramadan feiert die islamische Welt den Eid el Adha, das Opferfest. Es  geht zurück auf Urvater Abraham (im Koran Ibrahim), dem Gott  befahl, seinen Sohn Isaac (Ismail) zu opfern. Im letzten Augenblick erschien aber noch ein Engel, den Gott in seiner unendlichen Güte ausgesandt hatte, um dieses Opfer zu verhindern. Aus großer Dankbarkeit schlachtete Ibrahim darauf einen Hammel zu Ehren Gottes. Es ist eines der wichtigsten Feste im  Islam und von der Bedeutung in etwa mit dem christlichen Weihnachten  zu vergleichen. In diesem Jahr hatte ich beschlossen, den Eid in Fès  zu verbringen und ebenfalls einen Hammel zu schlachten.

Je näher das Fest rückte, umso mehr erschienen in den Gassen der Altstadt besondere Stände, die Zubehör zum Eid verkauften, wie z.Bsp. Holzkohle zum Grillen sowie Körnerfutter und Stroh, um dem Hammel seine letzten Tage und Stunden zu verschönern. Das Blöken, das aus den Häusern schallte, nahm von Tag zu Tag zu (manche Fassi kaufen ihren Hammel schon eine Woche vorher und verstauen ihn in kleinen, oftmals lichtlosen Kammern), auf Handkarren verladene Hammel wurden durch die Medina gerollt. Auch die großen Supermärkte wie Acima und Marjane haben selbstverständlich alles rund um den Hammel im Angebot. Da gibt es Sonderangebote für scharfe Messer und Grillzubehör, selbstverständlich auch Grillkohle und schicke Grills. Selbst ein großes Zelt ist auf den Parkplätzen aufgebaut, in dem Hammel aller Größen und aus verschiedenen Regionen angeboten werden.

Offiziell erstreckt sich der Eid el Adha über drei Tage, danach haben zumindest die Banken und offiziellen Stellen wieder geöffnet. Die meisten Geschäfte in der Medina sind aber für mindestens eine Woche geschlossen, auch Handwerker arbeiten in dieser Zeit nicht. Wohl dem, der gerade keinen braucht! Das Angebot auf den Märkten ist äußerst dürftig und man ist gut beraten, sich rechtzeitig zumindest für die ersten drei Tage mit Lebensmitteln einzudecken. Nicht vergessen sollte man auch, rechtzeitig einen Vorrat an Wein anzulegen.

Leider habe ich vom Hammelkauf keinerlei Ahnung, schließlich muss das Tier vor Kauf eingehend durch Betasten und Drücken auf seine Qualität geprüft werden. Ich verließ mich daher ganz auf meinen Freund Ouali Alami, und so stiegen wir am Mittwoch vor dem Eid (Freitag) ins Auto und fuhren zusammen mit Quali`s ältesten Söhnen, ebenfalls schon erfahrene Hammeltester, auf einen Markt etwas außerhalb von Fès, um dort Hammel zu kaufen. Wir schritten also auf unserer Suche durch das gewaltige Angebot und tasteten und drückten.  Es wurde gefeilscht und weiter gedrückt, bis wir schließlich schon nach ca. 2 Stunden (man sagte mir, dass das auch erheblich länger dauern kann) geeignete Tiere fanden, die auch preislich den Vorstellungen entsprachen. Sie bekamen einen Strick um die Hörner und wurden zu einem motorisierten, dreirädrigen Motorrad mit Ladefläche geschleift. Die Hammel leisteten erheblichen Widerstand und alle waren froh, als die Viecher endlich verladen waren. Sie wurden zu Oualis  Wohnung gefahren, dort hatte man bereits das Wohnzimmer weitgehend  ausgeräumt, um eine Ecke für drei Hammel freizubekommen. Redouane, Oualis ältester Sohn, war bereits mit dem Dreirad vorgefahren, wir kamen im Auto hinterher. Und da standen die Tiere nun und hatten nichts Besseres zu tun, als in Oualis guter Stube den Kalkputz von den Wänden zu fressen.  Alhammdoulila würde diese Stelle nach Rückbau wieder von einer  Schrankwand mit Fernseher verdeckt werden. Um den Appetit der Hammel auf Putz etwas zu dämpfen, zog Ouali los und kaufte Körner und Strohgehäckseltes. Der Kleine da, dessen Horn ich fasse, war übrigens meiner, der Kleinste von allen. Es wurde etwas über die Größe meines Hammels gehöhnt, man fand ihn zu klein. Meine Ausflüchte, dass ich nicht über eine marokkanische Großfamilie verfüge, sondern den Hammel mit Freunden (darunter sind auch noch Vegetarier!) aufessen müsste, wurden nicht wirklich akzeptiert.

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Damit war für heute alles erledigt, das Schlachten würde am Freitag Vormittag stattfinden, ich verabredete mich mit Ouali für 9Uhr. Ich verließ den Schafstall, was die Hammel bis Freitag noch alles anstellten, wollte ich mir nicht vorstellen.

Pünktlich am Freitag um  9Uhr erschien ich bei Familie Ouali, die Hammel waren bereits aus dem  Wohnzimmer geführt worden und parkten im Freien neben dem Haus. Die  weiblichen Mitglieder der Familie schrubbten derweil das Wohnzimmer, entfernten den Mist und räumten das Mobiliar wieder an seinen  angestammten Platz. Die Metzger erschienen, der erste Hammel wurde in  den Hausflur geführt und geschlachtet. Man ließ ihn ausbluten, das Blut floss in den Wasserablauf, es wurde mit Gummischiebern etwas nachgeholfen. Anschließend wurde das Fell abgezogen und der Hammel ins Wohnzimmer gehängt. Der nächste Hammel kam an die Reihe, bis alle drei Tiere geschlachtet waren. Die Damen des Hauses erschienen mit Putzzeug, und in Windeseile war selbst an den Wänden kein Blutspritzer mehr zu sehen. Danach wurden die Innereien, die beim Ausnehmen des Hammels in eine große Plastikschüssel gelegt wurden, in der Küche von den Damen gründlich gereinigt und geputzt, während Ouali die Lebern enthäutete. Der Grill war bereits angeworfen, Leber und Milz wurden geschnitten, auf kleine Spieße gesteckt und gegrillt. Dazu gab es Brot und Hawaii, eine Limonade, deren Geschmack irgendwo zwischen WC – Reiniger und Fanta angesiedelt ist. Es soll sich aber um Passionsfrucht handeln, nun ja…

Marokkaner benutzen in der Regel kleine tönerne Holzkohlegrills, so auch Familie Ouali. Jedoch kann hier der Grill nicht im Freien aufgestellt werden, sondern er muss an der Eingangstür zum Treppenhaus hin stehen. Bei ungünstigem Wind, und das war hier der Fall, wird der ganze Rauch aus verbranntem Fett in die Wohnung geweht. Das macht Küche und Toilette nach europäischen Maßstäben vorübergehend unbenutzbar, hier hat es aber niemanden gestört. Dummerweise musste ich auf die Toilette, ich kam halb erstickt und nach Fettrauch stinkend wieder heraus.

Die Hammel hingen immer noch in der Tür vom Wohn- zum Schlafzimmer und tropften in eine untergestellte Plastikschüssel. Dort mussten sie, je nach Größe, noch mindestens einen Tag hängen.

Derweil tobte auf der Straße das große  Hammelkopf – Grillfest. Die Jugendlichen des Viertels verdienten sich etwas  Geld, indem sie die Hammelköpfe auf dem Feuer rösteten, bis man die Haare  mühelos entfernen konnte. Die Familien der umliegenden Häuser brachten die  abgetrennten Köpfe in Plastikeimern raus, und der Reihe nach arbeitete die Jugend die Aufträge ab (15 – 20DH/Kopf). Nach dem Grillen wurden die Hörner  abgesägt und die Köpfe kamen wieder in die Eimer, die nun mit Wasser gefüllt wurden, um den Ruß und Brandgeruch abzuwaschen. Andere reinigten die Därme und wickelten sie feinsäuberlich zur weiteren Verwendung auf.

Ich muss sagen, dass mich die eher geschäftige denn heilige Umtriebigkeit verwunderte, ich hatte es mir irgendwie feierlicher vorgestellt.

Ich erschien verabredungsgemäß am nächsten Vormittag und brachte eine Säge mit, um die mich Ouali gebeten hatte. Ouali hatte sich freundlicherweise auch bereiterklärt, meinen Hammel zu zerlegen, da ich auch hierfür nicht über die nötige Qualifikation verfüge. Der zweitjüngste Sohn, Athnan, schaute lernend zu und ging ein wenig zur Hand. Ich verpackte die abgetrennten Teile in Plastikfolie und verstaute sie in meinem mitgebrachten Einkaufswagen. Ich nahm nur die Schultern, die Keulen und den Rücken mit, den Rest schenkte ich der Familie. Ich dankte Ouali für seine Hilfe und fuhr nach Hause, das heißt, ich parkte das Auto in der Garage an der Place Batha und zog dann den Einkaufswagen noch eine Viertelstunde hinter mir her, um an unser Haus zu gelangen.

Am nächsten Abend hatte ich Gäste eingeladen, es gab die Schultern als Tajine mit Backpflaumen. Zwei Tage später verspeisten wir die Keulen, bevor es zum Abschluss den Rücken gab. Danach schworen alle Beteiligten, in der nächsten Zeit keinen Hammel mehr anzurühren, obwohl er sehr zart und schmackhaft war.

Die nachfolgenden Bilder sind für Vegetarier und Jugendliche unter 16Jahren nicht geeignet: